LEDOTAR

Geschichte einer Tinkering-Aktivität

In den letzten zwei Monaten, als Sebastian Martin vom Tinkering Studio unser Gast war, hatte ich die Gelegenheit, mit ihm zusammen eine Science-Center-Aktivität zu entwickeln, die auf „Computational Tinkering“ basiert. Ich habe unsere Entwicklungsschritte in einem Tagebuch dokumentiert1) – lest selbst !

Von Hessam Habibi

Over the past two months, Sebastian Martin from the Tinkering Studio in San Francisco (USA) was our guest. During this time I had the opportunity to work with him to develop a Science Center activity based on computational tinkering. In the following passages, I am sharing with you both my diary and reflections on developing this activity. Read the English version of this article here:

Tag 1 – Alles begann mit einem roten Licht

Sebastian zeigte mir eine LED-Lampe und sagte mir, dass diese LED-Lampen programmiert werden können. Er schlug vor, sie auf einer weißen Tafel zu befestigen und daraus eine interessante Aktivität zu machen, die im Wissens°raum verbleiben kann.
Ich (zu mir selbst): Was?!
Ich hatte keine Ahnung, was Sebastian mit seiner Idee meinte. Es klang wie dieses Zitat vom Tinkering Studio, das Sebastian uns gezeigt hatte: „We have a strategic plan: Making things“. Trotzdem haben wir ein bisschen mit Makecode Microbit gespielt und ich habe es geschafft, so zu programmieren, dass ein rotes LED-Licht auf einem Whiteboard erscheint (Bild 1). Einige Ideen begannen sich zu entwickeln; wir waren aber noch weit von einem klaren Plan entfernt.

Tag 2 – Kunst rettete die Stimmung

Das nächste Mal haben wir den gleichen Vorgang mit mehreren LED-Lichtern auf der weißen Platte versucht (Bild 2). Ich konnte auch üben, verschiedene Variationen der Programmierung auszuprobieren. Sebastian zeigte mir einige bunte Papiere und wir beschlossen, diese Papiere auch mit LEDs auf unser Platte zu legen (Bild 3). Plötzlich war es magisch. Es sah cool und künstlerisch aus, was mir die Inspiration gab, die ich brauchte, und mich in die Stimmung brachte, weiter daran zu arbeiten.

Tag 3 – Ein Kind sein

Wir wussten, in welche Richtung wir weitergehen wollten. Bunte Papiere mussten geschnitten und auf der weißen Platte befestigt werden. Viel schneiden, messen und fixieren. Ich fühlte mich wie ein Kind in einem Kindergarten, das nur Papiere in unterschiedlichen Formen schneidet, und es hat mir gefallen (Bild 4 und 5).

Währenddessen lötete Sebastian die LED und Kabeln. Eine ähnliche Aufgabe wie beim Schneiden und Fixieren von Papier, aber natürlich weiter fortgeschritten. Obwohl die Aufgabe recht technisch war und wir mit unseren Händen arbeiteten, dachte ich im Kopf ständig an die weitere Planung. Was soll diese weiße Platte am Ende darstellen?

Eine meiner ersten Ideen war es, verschiedene Wörter in verschiedenen Sprachen zu schreiben, damit sie als Tool zum Erlernen neuer Wörter verwendet werden können, aber ich war unsicher. Sebastian hörte sich alle Ideen an und antwortete immer: „Ja, das ist interessant, du solltest es versuchen.“

Tag 4 – Das Ende erreicht, aber nicht glücklich

Alles war fertig. Die LEDs waren fertig zusammengestellt (Bild 6), wir hatten das Muster für die Platte und wir haben sie zusammen mit LEDs befestigt. Anschließend haben wir das Programm ausgeführt und einige Bilder von unserer Konstruktion gemacht. Und das wars (Bild 7). Ich fühlte mich bis dahin wie ein Beobachter, der an einer Aktivität nur teilnimmt, und diese Phase war hiermit beendet. Doch meine Leidenschaft für die Entwicklung dieser Aktivität ließ nicht nach. Ich dachte zu Hause über alles nach, was ich mit dieser Aktivität anfangen könnte, und manchmal entwickelte ich ziemlich abstrakte und sogar absurde Ideen. Zum Beispiel diese LEDs so programmieren, dass ich mit ihnen kommunizieren und interagieren kann.

Tag 5 – Mach es zu deinem Eigenen

Als ich aufwachte, dachte ich weiter über die Aktivität nach. Ich habe mich gefragt, warum und was hier fehlt. Die Idee war erstaunlich und ich hatte viele Informationen und Unterstützung von Sebastian erhalten. Aber ich musste die Aktivität mit mir selbst verbinden – damit, wer ich bin und was mir persönlich gefällt: meinem Instrument Dotar, einer sehr alten Laute mit zwei Saiten aus Zentralasien.

Als ich die Aktivität aus dieser Perspektive betrachtete, stellte ich fest, dass diese programmierbare LEDs einem Musikstück sehr ähnlich sind. Sie können das Stück in verschiedene Blöcke unterteilen und das Programm dazu nutzen, eine Geschichte zu erzählen. Also wählte ich ein Musikstück, das drei Hauptteile hatte, und programmierte dann die LEDs auch in drei verschiedenen Blöcken. Ich musste nur verschiedene Teile des Musikstücks mit den Codes für die LEDs synchronisieren, die wir programmiert hatten.

Ein magischer Moment passierte: Ich habe mein Instrument zusammen mit programmierbaren LEDs gespielt und irgendwie kamen zwei verschiedene Welten zusammen. Ich habe das Projekt LEDOTAR (LED + Dotar) genannt. (Video 1)

Am Ende lernte ich nicht nur Programmieren, sondern übertrug meine abstrakten Ideen auf die Entwicklung einer Aktivität und es fühlte sich nicht nur freudvoll, sondern auch siegreich und ermächtigend an.


1) Hinweis: In der Sozialwissenschaft verwendet man ethnografische Methoden, um einige Aspekte eines bestimmten Objekts oder Aktivität zu verstehen. In einer Feldforschung sollen Forscher*innen nicht nur Dinge beobachten, sondern an verschiedenen Situationen teilnehmen und sich auf sie und ihren Prozess einlassen. In einem zweiten Schritt dokumentiert man die Beobachtungen in Form eines Tagebuchs. Im dritten Schritt treten wir beiseite und schauen uns die Dokumentation an und reflektieren, was passiert ist.

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